Том 5. Письма из Франции и Италии - Страница 128


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Nach dieser allgemeinen Charakteristik der Republik und der Monarchie frage ich Sie jetzt als ehrliche Männer, die mit mir über das republikanische Prinzip übereinstimmen, wo denn die politische Republik die Mittel finden wird, sich zu verwirklichen, ohne jedoch zur sozialen überzugehen?

Alles, was die politische Republik hat geben können, hat sie den Nordamerikanischen Staaten gegeben, die wirklich eine Republik sind, und nicht eine bittere Ironie wie die Französische Republik, wo die persönliche Freiheit nicht existiert, wo das Vereinigungsrecht unterdrückt ist, wo die Polizei allmächtiger ist als in der Türkei, wo man endlich ganze Ladungen von Menschen in die Gefängnisse wirft, um sie einige Monate nachher mit dem Wunsche: Auf Wiedersehen! vor die Tür zu werfen. In den Vereinigten Staaten finden wir eine große Verwirklichung der politischen Theorien, die sich in Europa während des 18-ten Jahrhunderts ausgebildet haben. Das Individuum ist so frei, als es in einer politischen, aufrichtigen Republik nur sein kann. Die Regierung hängt von der öffentlichen Meinung ab. Man kennt beinahe nicht die Landplage der Bureaukratie, man hat keine geheime Polizei, man verabscheut die Uniform und das Soldatenspielen, man ist reich an Ländereien und Geld, und trotz alledem sagte neulich Herr Brisbane, ein ehrenwerter Bürger der Vereinigten Staaten, öffentlich in Paris: «Eine Republik, die wie die unserige auf den bekannten Basen der politischen europäischen Gesellschaft gegründet ist, kann nichts für die arbeitenden Klassen tun, sie kann, ohne das Leben ihrer Grundlage zu überschreiten, den Menschen nicht die von uns erstrebte Gleichheit geben». Ich teile vollkommen die Ansicht des Herrn Brisbane. Die politische Republik ist nur eine vorübergehende Form, eine Einführung, eine Vorbereitung. Sobald man sie für das Endziel nimmt, fällt sie, wie in Frankreich, in den Monarchismus zurück, bleibt stehen, oder wird unfruchtbar wie in der Schweiz. Die Republik von 1793 war die kämpfende Republik, und der Konvent begriff seinen Beruf so gut, daß er befahl, die Statue der Freiheit und der Menschenrechte zu verschleiern. Als man aber einem Kampfe, einer Revolution Bestand und Gesetzlichkeit verleihen wollte, fiel man unter das Joch des Konsulats, des Kaiserreichs. Der wahre Fortschritt war nach 1793 auf Seiten Baboeufs, dieses absurden C. Gracchus der neuen Welt, und die vollständige Reaktion auf Seiten Napoleons, dieses bourgeoisen Karls des Großen, welcher den schmachvollsten, jemals existierenden sozialen Zustand befestigte.

Die gesellschaftliche Entwickelung ist ohne republikanische Form unmöglich, es ist also immer ein großer Schritt gewonnen, wenn diese erlangt ist. Es ist aber sonderbar, wenn man dann stehenbleibt, ebenso sonderbar, als hartnäckig am Protestantismus festzuhalten, nachdem man sich einmal vom Katholizismus losgemacht, oder bei der Geldherrschaft stehenzubleiben, nachdem man einmal die feudale Leibeigenschaft abgeschafft hat. Glauben Sie nicht, daß ich hier den Reformatoren und Revolutionären vergangener Zeiten undankbare Vorwürfe machen will, nicht im mindesten; nein, ich mache hier nur den Pseudo-Revolutionären der Gegenwart einen Vorwurf. Im Jahre 1789 war das bloße Wort Republik schon ein unermeßlicher Fortschritt, die Republik war die frohe Botschaft, welche der Menschheit die Revolution ankündigte, die Republik erhob sich am leuchtenden und sonnigen Horizonte, sie erschien, wie einst den Christen das Reich Gottes, als die Erfüllung aller menschlichen Wünsche, sie war die Religion, die revolutionäre Idee ihrer Zeit. Weder das von den Aposteln geträumte Reich Gottes, noch die von den Jakobinern geträumte Republik konnten sich verwirklichen, und der fanatische Glaube an diese Verwirklichung hat ihre Macht und Majestät geschaffen. Die Ereignisse sind nur dann groß, wenn sie mit denhöchsten Bestrebungen ihrer Zeit zusammenfallen; die Menschen werfen sich dann mit ihrer ganzen Kraft und Energie auf die Vollendung des Werkes, ihre Tätigkeit reibt sie auf, begeistert sie, sie vergessen alles, was jenseits der Sphäre liegt, die sie fortgerissen hat. Mögen wir auch zum zwanzigsten Mal die Ereignisse der ersten Revolution lesen, immer wieder klopft unser Herz, und immer wieder ist unsere Seele bewegt, wir stehen unter der Gewalt dieser düstern, männlichen und tatkräftigen Größe. Darum prägen sich dem Gedächtnisse eines jeden von uns auf immer die Namen dieser riesigen Individualitäten, diese plastischen Ereignisse, selbst die Worte ein, welche von diesen Männern ausgesprochen wurden, die Antwort von Mirabeau, die Einnahme der Bastille, der 10. August, Danton, Robespierre, der 21. Januar und alle diese Riesen des bürgerlichen und kriegerischen Mutes. Und zu gleicher Zeit fangen wir an, die kurzsichtigen Schwächlinge zu vergessen, welche sich am 24. Februar in den Vordergrund zu drängen wagten, die Löwen der provisorischen Regierung und der Konstituante. Diese Menschen schritten langsam vor, sie erschraken vor den Konsequenzen, sie waren von einem unruhigen Vorgefühl durchzittert, sie sahen, daß noch etwas anderes am Himmel aufstieg, sie begriffen aber dies Etwas nicht und wollten es aufhalten, sie wollten dem Rad der Geschichte den Hemmschuh anlegen. Diese Menschen von so wenig Glauben waren unserer Zeit gegenüber keine Revolutionäre, und sie haben die Revolution zugrunde gerichtet, sowohl Louis Blanc der sozialistische, als Lamartine, der politische Dilettant.

«Alle Welt hält Louis Blanc für einen Ultrasozialisten, und Sie behaupten, daß er nur Dilettant sei? Die Sozialisten verständigen sich über nichts, der Grund davon ist einfach der, daß der Sozialismus nie bestimmt und klar seine Prinzipien aufgestellt und keine festgesetzten Dogmen hat; er ist aus einem Dutzend vagen, sich widersprechenden Doktrinen zusammengesetzt». Aber wissen Sie wohl, welche Lehren sich so gut formulieren und in dem stillen Zimmer ausarbeiten? Das sind die Maximen, die Lehren, die sich nie verwirklichen, das ist die platonische Republik, die Morische Atlantis, das christliche Reich Gottes. Doch ich irre, das Reich Gottes war schon viel unbestimmter und die Entwickelung des Christentums liefert uns ein herrliches Beispiel für die Art und Weise, wie sich die sozialen Umwandlungen verwirklichen. War vielleicht die Organisation der Kirche und der katholischen Welt im Evangelium vorbereitet? Keineswegs, das Evangelium war nur eine hohe Abstraktion und eine Negation der bestehenden, vielleicht noch höhern Ordnung; erst nach einem vierhundertjährigen Kampfe gelangten die Christen dazu, sich auf dem Konzil zu Nicäa zu verständigen. Die großen Revolutionen werden nie nach einem im voraus fix und fertigen Programme durchgeführt. Das ist das Bewußtsein dessen, was man nicht will. Der Kampf ist die wahre Geburt der gesellschaftlichen Wiedergeburten; durch den Kampf und den Vergleich werden die allgemeinen und abstrakten Ideen, die unklaren Bestrebungen zu Einrichtungen, Gesetzen und Sitten. Die Embryogenie alles Lebenden ist lang und verwickelt, der Fötus geht durch verschiedene ungestalte und befremdende Zustände, seine Entwickelung ist keine abstrakte Wissenschaft, sondern Wirklichkeit, die Entwickelung eines Samenkornes und eine beständ ge Vermittlung mit den Gegensätzen. Als der Sozialismus noch ärmer an Inhalt, allgemeiner und seiner Wiege noch näher war, formulierte er sich mit viel größerer Leichtigkeit und erschien unter einer religiösen Form, in welcher jede große Idee in ihrer Kindheit auftritt; er hatte damals seine Gläubigen, seine Fanatiker, seine äußeren Zeichen – das war der St. Simonismus. Der Sozialismus erschien darauf in der Gestalt einer rationellen Doktrin, das war seine Periode der Metaphysik und abstrakten Wissenschaft, er konstruierte die Gesellschaft a priori, er machte eine soziale Аlgebra, psychologische Berechnungen, schuf für alles Rahmen, formulierte alles, und überließ nichts mehr der Entdeckung der künft<i>gen Menschen, denen er die Einreihung in ein Phantasterium anwies. Bald kam die Zeit, wo der Sozialismus in die Massen herabstieg und als Leidenschaft, als Rache, als wilde Protestation, als Nemesis erschien. Kaum hörten die Arbeiter, welche die himmelschreiende Ungerechtigkeit der bestehenden Unordnung niederdrückte, von ferne die Worte der Sympathie, kaum sahen sie die Mörgenröte des ihnen Erlösung verheißenden Tages, so übersetzten sie die sozialen Lehren in eine andere, viel rohere Sprache, sie machten den Kommunismus daraus, die Lehre von der gezwungenen Eigentumsentäußerung, die Lehre, welche das Individuum durch die Gemeinschaft aufhebt, welche an den Despotismus grenzt, indem sie vom Hunger emanzipiert. Heutzutage redet niemand vom St. Simonismus, von Fourierismus oder Kommunismus. Alle diese Systeme und Lehren und noch viele andere haben sich vor der starken Stimme der Kritik und Negation gebeugt, welche nichts im voraus beurteilte oder systematisierte, welche aber zur Vernichtung alles dessen aufrief, was die gesellschaftliche Regeneration verhindert und die Abgeschmacktheit und Heuchelei alles dessen aufdeckte, was durch die Freunde der Ordnung aufrecht erhalten wird. Ich will die Solidarität nicht in Abrede stellen, welche uns notwendigerweise an unsere Überlieferung knüpft, nein, gewiß nicht, denn warum soll der Mensch seine Jugendträume verachten? Die vorhergehenden Formen waren zu kindlich, enthielten die Wahrheit nur in einseitiger Auffassung, aber darum waren die Lehren doch nichts weniger als falsch. Derselbe große Gedanke, der eine ganze Welt in seinem Keime enthält, durchzieht alle sozialen Doktrinen, ohne selbst den fortgeschrittensten Kommunismus auszunehmen. Diesen Lehren haben wir es zu danken, daß man einzusehen anfängt, daß man nicht mit dem Abhaspeln der alten politischen Maschine zur Rettung der Welt gelangen wird; von ihnen geht der große Ruf aus nach der Rehabilitation des Fleisches, nach dem Aufhören der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen; in ihnen hat man zum ersten Male die Leidenschaften des Menschen anerkannt und den Versuch gemacht, sie zu benutzen und nicht zu unterdrücken. Die Solidarität indessen, die ich annehme, will nicht sagen, daß ich jeden Gedanken, jede Phase, die Details, die ganze Organisation jeder für sich betrachteten Lehre verantworte.

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